Die Freundin hatte es erfolgreich vorgemacht, und so habe ich mich kurz nach Weihnachten endlich auch aufgerafft, und es mit dem Joggen probiert. Obwohl ich Sport als Kind leidenschaftlich verachtet habe, kann ich inzwischen 30 Minuten am Stück laufen. Aber das beste dabei, und der eigentliche Grund für diesen Beitrag: Ich laufe barfuß.
Vor Jahren, als ich anfing barfuß durch die Welt zu stromern, gab es zwar schon viele Seiten, die die gesundheitlichen Vorteile des Gehens ohne Schuhe generell bestätigten. In Bezug auf das Joggen herrschte allerdings eher noch die Überzeugung, dass gutes, passendes Schuhwerk unabdingbar wäre. Das scheint sich jetzt deutlich geändert zu haben. Natürlich empfiehlt jeder Schuhhersteller immer noch sein jeweils teuerstes Produkt, mit Microdings und Ultrageilfeature und integrierter Schweißzusammensetzungsanalyse-App – klar, die müssen das machen, sonst werden die ihren Plunder nicht los.
Allerdings gibt es längst auch Barfußschuhe in zahlreichen Varianten. Und das zeigt wiederum deutlich, dass die Vorteile des Barfußlaufens bei Nutzern wie Herstellern gleichermaßen angekommen sind. Was bei vielen modernen Menschen dabei leider noch fehlt, ist, die letzte Konsequenz aus dieser Erkenntnis zu ziehen – weg mit den Schuhen! Anstatt mit immer neuen Schaumstoff-, Stütz-, Feder- und Abrolltechnologien Symptome zu bekämpfen, die wir ohne Schuhe gar nicht hätten, wäre es doch mehr als logisch, die Schuhe einfach so wenig wie möglich zu nutzen.
Weg mit den Schuhen! Lasst eure Füße raus und sie endlich ihren Job machen.
Nachteile
Ha! Die meisten von euch haben jetzt sicher blutige, von Hundescheiße und Dreck verkrustete Joggerfüße vor Augen gehabt, mit tiefen, klaffenden Wunden, als ihr das Wort „Nachteile” glesen habt. Irgendwie hängt bei fast allen, mit denen ich über das Thema gesprochen habe, eine tief verwurzelte Angst vor Verletzungen fest.
Natürlich ist auf den ersten Blick eine höhere Gefährdung nicht abzustreiten. Seine Füße den ganzen Tag in einen stabilen Schutzmantel zu hüllen, schützt vor garstigen Dornen und messerscharfen Kieselkanten. Ein rostiger Nagel durchdringt meine ledrige Fußsohle viel leichter als eine moderne Schuhsohle. Tatsächlich allerdings ist die Gefahr, sich zu verletzen, meiner Meinung nach nicht höher als mit Schuhen. Zum einen sind Leute, die barfuß laufen, generell aufmerksamer und sensibler für den Boden, auf dem sie laufen. Zum zweiten ist die Wahrscheinlichkeit, dass Nägel oder Scherben so liegen, dass man sich verletzen könnte, eher gering. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass ein Nagel, der auf den Boden fällt, auf dem Köpfchen stehen bleibt? Eben. Und das ist bei Scherben nicht anders. Die liegen normalerweise flach irgendwo rum, oder rutschen in Ritzen, wo sie keinen Schaden mehr machen können.
Aber das ist nur eine Betrachtungsweise der Problematik. Die andere Seite der Medaille ist nämlich das, was man mit Schuhen verpasst. Die Vielzahl an angenehmen, und ständig wechselnden Empfindungen, die einem verloren gehen, wenn man seine Füße einsperrt, wiegen die gelegentlichen Kratzer und Piekser locker auf.
Was man ebenfalls nicht vernachlässigen sollte (und deswegen als Nachteil werten könnte), ist die regelmäßige Pflege. Wie bei jedem Körperteil, das einer stärkeren Belastung ausgesetzt ist, wie Hände, Gesichtshaut oder oft auch Haare, benötigen Füße, die täglich mit Hitze, Kälte, Feuchtigkeit und Mikroverletzungen konfrontiert sind, eine Extra-Portion Pflege. Hin und wieder muss überschüssige Hornhaut abgefeilt oder -gehobelt werden, und ich creme meine Füße fast jeden Abend ordentlich ein.
Nicht jeder Untergrund ist geeignet
Bevor ich endlich zu den Vorzügen kommen kann, muss ich noch eine Einschränkung machen: Der Untergrund muss einigermaßen geeignet sein. Leider ist es heutzutage sehr beliebt, sämtliche Wege mit feinem Schotter zu befestigen oder gleich zu asphaltieren. Auf solchen Untergründen macht barfuß laufen natürlich wenig Spaß. Das heißt aber nicht, dass es gar keine schönen Barfuß-Strecken gibt, ganz im Gegenteil.
Ich beispielsweise habe das große Glück, in der Nähe der Elbwiesen zu wohnen. Und die bieten ganzjährig neben dem asphaltierten Elberadweg viele verzweigte Trampelpfade. Im Moment steht das Gras oft bis zu hüfthoch, es blühen Hahnenfuß, Klee, Schafgarbe und Storchschnäbelchen. Klar wird nicht jeder die Möglichkeit haben, solche Strecken nutzen zu können, aber ich denke, es gibt zahlreiche Parks, Wiesen und Wäldchen, selbst in der Stadt oder zumindest stadtnah.
Barfuß joggen ist gesund
Unsere Füße haben sich über tausende Jahre dahin entwickelt, über Stock und Stein mit uns zu laufen. Eine flexible, dicke Lederhaut schützt vor Verletzungen und gibt gleichzeitig ständig Informationen über den Untergrund an das Gehirn weiter. Als Körperteil, der am weitesten vom Herzen entfernt ist, mussten Füße schon immer viel Kälte ertragen können – und das können sie mit ein wenig Übung auch heute noch ganz prima. Zahlreiche Bänder, Sehnen und Muskeln stabilisieren uns und gleichen Unebenheiten des Bodens aus.
Dazu kommt, dass Füße ganz unglaubliche Wunderwerke sind, was Heilkraft und Resistenzen betrifft. Kleinere Wunden schließen sich bemerkenswert schnell, und tun auch nicht lange weh. Fußpilz hat an blanken Füßen keine Chance.
Vor allem reguliert sich die Fußstellung beim barfuß joggen fast von ganz allein. Das habe ich bei mir ganz besonders bemerkt. Ich bin natürlich auch mit Schuhen gestartet (es war ja auch Winter), und habe dabei bereits den Rat befolgt, möglichst auf den Fußballen zu laufen, statt wie gewohnt zuerst mit der Ferse aufzukommen. Man muss sich dabei bewusst eine fußschonende Technik angewöhnen. Das ist anfangs schon ungewöhnlich, und hat zu einigen leichten Muskelkatern in den Füßen geführt. Das erste Mal dann wirklich barfuß joggen hat diesen Effekt noch deutlicher erzeugt, dabei allerdings mit auffällig anderen Muskeln. Das zeigt, wie unterschiedlich die Fußstellung und damit auch die Belastung für die Muskeln im Fuß sein muss.
Neben der rein physischen Gesundheit tut das barfuß joggen und generell laufen aber auch der Psyche gut, und wenn ich mir Dresden heutzutage so anschaue, würde das so einigen Leuten helfen, mal wieder klarzukommen. Das dichte Gras, das meine Füße streift, der warme Boden, manchmal matschige Stellen, manchmal aber auch trocken und hart. Dazu die Morgensonne oder selten ein zarter Nebelschleier – da kann ich tatsächlich auch ein bissl abschalten.
Und obwohl ich sonst ein eher unspiritueller Mensch bin, muss ich gestehen: Erst barfuß auf Erdboden, Gras, Sand oder Laub fühle ich mich mit der Erde verbunden, als Teil dieses gesamten Wunderwerks Natur. Es fühlt sich einfach richtig an.
Daher: Schuhe aus! Lasst eure Füße frei.
Ich selber bin auch Dresdner, arbeite allerdings in Frankfurt/Main und freue mich natürlich dass ein Dresdner diesen Beitrag geschrieben hat.
Ich war zwar schon immer Sommergelegenheitsbarfüßer aber so richtig habe ich mit dem Barfußlaufen vor reichlich 3 Jahren angefangen. Es war April und ich machte einen meiner ersten Barfußspaziergänge im Jahr 2013 und so aus Lust und Laune weil mir eben halt so war fing ich mal ein paar hundert Meter an zu joggen. Fand da irgendwie gefallen dran und machte es immer wieder. Nach einiger Zeit merkte ich dass sich meine Kniebeschwerden besserten.
Und nun ist es so dass sich meine Knie nur noch ganz vereinzelt melden. Das liegt daran wenn ich auf Arbeit viele Wege zu erledigen habe ist der Ballengang in Sicherheitsschuhen nur bedingt und nur eine gewisse Strecke machbar. Aber selbst wenn die Knie mal bissel weh tun ne Runde barfuß gehen oder joggen und alles ist wieder gut.
Liebe Grüße
Tobi
Hallo Tobi. Danke für deinen Kommentar. Hab mir auch deinen Blog angekuckt – ganz so ein harter Knochen wie du bin ich noch nicht (barfuß Schneefegen… 😀 ), aber ich arbeite dran.
Ich brauchte früher auch Einlagen in den Schuhen, weil ich sonst Schmerzen beim gehen hatte – das ist weg, seit ich ständig barfuß laufe. Lernen durch Schmerzen. 😀
Hallo liebe Leute ob Mann oder Frau ich bin echt begeistert von diesem Schrieb. Bin Jogger aus dem Landkreis Günzburg. Laufe normalerweise auch immer mit Schuhen. Aber nach dem ich diesen Beitrag gelesen hab. Werde ich auf jeden Fall dieses Jahr die Turnschuhe in den Schrank stellen und Barfuß zum laufen gehen.
Auf dem Fußballplatz. Und im Wald.
Hey Christian, danke für die Blumen. Ich kanns echt nur empfehlen, allerdings, wenn du Barfuß-Anfänger bist, übertreib es nicht gleich. Deine Füße und vor allem die Fußsohlen brauchen einige Zeit, um sich an das Barfußlaufen zu gewöhnen. Auch ich habe in jedem Frühjahr eine gewissen Eingewöhnungszeit, weil meine Sohlen über den Winter wieder ziemlich „verweichlichen“. 🙂