Bundesgerichtshof kippt 3%-Hürde zur Europawahl

Na bitte, geht doch. Der Bundesgerichtshof hat vor kurzem die 3%-Sperrklausel für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Und prompt tönt es überall, dass man dem Europäischen Parlament damit keinen Gefallen getan hätte. Unangenehm nur, dass der Kolumnist die (längst nicht mehr existente) Naturgesetz Partei, die Piraten, die FDP und „anderweitige Tree Hugger“ in einen Topf wirft.

Die Tierschutzpartei, bei der ich Mitglied bin, zählt vermutlich auch zu den angesprochenen Tree Huggern, und wird dank des Urteils bald ihren Teil zur „schrillen Freakshow“ beitragen. Ich freu mich drauf. 🙂
Am interessantesten ist dabei die Verteilung, wer das Urteil wie bewertet. Die „demokratischen“ Parteien CDU, SPD und Grüne sind nicht glücklich mit der Entscheidung. Sie befürchten neben einer Zersplitterung des Parlaments, wenn in Zukunft viele Kleinstparteien Mandate erhalten, auch den Einzug von Fundamentalisten oder Volksverhetzern wie Udo Pastörs, dem Vorsitzenden der NPD.

Aber: Das Aussperren der Faschisten aus den Parlamenten ist reine Symptombehandlung. Die Ursache, dass solche Spinner in Parlamente einziehen können, ist, dass es genug davon gibt. Es liegt auch an der steigenden Ausländerfeindlichkeit, bei der die großen Parteien zwar viele Worthülsen produzieren, faktisch aber lieber Öl ins Feuer gießen, wie ein Herr Seehofer mit der Autobahnmaut für Ausländer. Und es liegt an einer Polizei, die wie in Hoyerswerda den Leuten lieber zu einem Umzug rät, als sie vor den Nazis zu schützen. Oder am Umgang mit Themen wie dem 13. Februar hier in Dresden. Wegwünschen hilft da nicht – wir brauchen einen grundlegenden Wandel in der Gesellschaft, um solchen Entwicklungen begegnen zu können.

Und die drohende Zersplitterung durch Kleinstparteien? Auch das liegt nicht am Wegfall einer rechnerischen Hürde, sondern einfach an der allgemeinen Politikverdrossenheit, die Leute wie Wulff, Mappus und Co. mit all ihren Staatsaffären selbst verursacht haben. Großprojekte wie Stuttgart 21 oder geheime Verhandlungen zu TTIP, Diätenerhöhungen und gleichzeitig monatelanges Ringen um einen Mindestlohn – all das erzeugt Wut und Kopfschütteln.
Und ob das Europäische Parlament dadurch tatsächlich nicht mehr richtig arbeiten kann, wird sich noch herausstellen. Der Bundesgerichtshof hat für diesen Fall die Wiedereinführung einer Hürde nicht ausgeschlossen.

Der eigentliche Gewinn dieses Urteils ist aber, dass die Wahlergebnisse repräsentativer werden. Viele, die sich vorher oft für eine größere Partei entschieden haben, da sie das Gefühl hatten, bei einer kleineren Partei wäre ihre Stimme verloren, machen ihr Kreuz in Zukunft eben nicht mehr bei CDU oder SPD. Parteien wie die Tierschutzpartei werden davon profitieren.

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