Der dritte Weltkrieg

Ein Satz eines fernen Verwandten (nennen wir ihn W.) hat mich beim letzten Familienfest mal wieder mächtig aufgeregt. Und zwar hieß es sinngemäß in Bezug auf die letzte Dürreperiode hier:

Heutzutage ist ja immer gleich alles „Klimawandel”. Die Leute sollten das alles entspannter sehen, sowas gabs doch früher auch schon.

Ein Klimawandelleugner!? Ich dachte, die gäbe es nur bei den Amerikanern. Zumindest hatte ich in meinem Umfeld noch keinen persönlich getroffen.

Michael Ende hat schon vor mehr als 20 Jahren diese Notiz hinterlassen:

Immer wieder tauchte nach 1945 die Frage auf, ob es denkbar sei, daß es je zu einem dritten Weltkrieg kommen könne. Ich glaube, wir befinden uns schon mittendrin. Nur bemerkt es offenbar niemand, weil dieser Krieg nicht territorial, sondern zeitlich geführt wird. Wir haben einen erbarmungslosen Krieg gegen unsere eigenen Kinder und Enkel, gegen die kommenden Generationen, entfesselt. Wir werden ihnen eine verwüstete Welt hinterlassen, auf der das Leben für sie sehr schwer sein wird. Aber da sie ja nicht zurückschlagen können, fahren wir damit fort – wir können schon gar nicht mehr anders – und beruhigen unser Gewissen (sofern es nicht ganz zum Schweigen zu bringen ist) mit der Annahme, daß ihnen schon etwas einfallen wird, um unsere Gemeinheiten wiedergutzumachen.

So ähnlich sehe ich das auch. Die Zerstörungen, die Menschen weltweit anrichten, haben längst das Ausmaß eines Weltkriegs angenommen. Vom Äquator bis zur Arktis, von der Tiefsee bis zu den höchsten Bergspitzen – überall sind die Auswirkungen des Menschen schon nicht mehr zu übersehen. Wir vernichten und verschmutzen, was das Zeug hält. Fast überall, wo es Probleme gibt, ist der Mensch die eigentliche Ursache, oder zumindest ein entscheidender Teil des Problems.

Der dritte Weltkrieg ist ein Krieg gegen die Natur.

Doch es ist längst kein einseitiger Kampf mehr, denn die Natur wehrt sich. Überschwemmungen, El Niño, Dürre, Artensterben, H5N1 – die Liste wird immer länger. Und wir werden diesen Krieg verlieren, oder spätestens unsere Kinder.

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Global_Warming_Predictions_German.png

Einige Projektionen der Temperaturentwicklung bis 2100 zeigen, dass das Zwei-Grad-Ziel nur sehr schwer einzuhalten sein wird. Quelle: Wikipedia

In Diskussionen berichte ich an der Stelle immer folgende zwei Fakten: Kinder, die heute geboren werden, sind statistisch gesehen in 100 Jahren noch hier. Gleichzeitig gehen viele Wissenschaftler davon aus, dass wir das Zwei-Grad-Ziel bis 2050 jetzt schon nicht mehr halten können werden. 2050 ist schon in 35 Jahren. Und wenn man sich dann noch bewusst macht, dass die globale Durchschnittstemperatur zur letzten Eiszeit nur etwa 6 °C kälter war als heute, kann man sich etwa vorstellen, was ein Anstieg um 2 – 4 °C für die Erde bedeuten wird.

Das sind Fakten, die vom Weltklimarat (IPCC), also von den klügsten Köpfen der ganzen Welt, zusammengetragen und ausgewertet werden. Und die stellen fest: „Hey, es sieht düster aus. Wir sollten schleunigst was ändern.”

Und dann kommen so Leute wie besagter W. und sehen das alles ganz entspannt. Bloß nichts am eigenen Verhalten ändern, bloß nicht drüber nachdenken.

Es macht mich immer wieder sprachlos, wenn eigentlich intelligente Leute so einen Scheiß erzählen. Leute, die studiert haben, auf ein erfülltes Berufsleben blicken können, Zeitung lesen und sich über das Tagesgeschehen in ihrer Region informieren. Also Menschen, die eigentlich längst mitbekommen haben müssten, dass auf der Erde so einiges massiv aus der Spur geraten ist.

Nicht jeder ist zum Umweltaktivisten berufen, schon klar. Aber ich verlange von jedem, sich den aktuellen Problemen zu stellen und wenigstens irgendwas zur Verhinderung des Weltuntergangs beizutragen.

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