Ich glaube, niemand verbindet das Arbeitsamt, oder wie sie sich selbst liebevoll nennen „Agentur für Arbeit”, mit ausgelassener Albernheit. Der Schalk schlummert hier aber im Detail, genauer gesagt, in der Eingabemaske für Onlinebewerbungen, wie die geliebte Terrorfee vor kurzem entdeckte.
In diesem Formular kann man sich relativ bequem für verschiedene, online ausgeschriebene Stellen bewerben. Wie üblich muss man diverse Angaben machen: Name, Anschrift, Geburtsdatum, Namenszusatz… Ja, Namenszusatz. Hinter dieser unscheinbaren grauen Auswahlliste verstecken sich – Trommelwirbel um die Spannung zu erhöhen – Adelstitel! Fasst man die vielfältigen Abkürzungen und Varianten zusammen, bleiben immer noch ganze 26 Wahlmöglichkeiten übrig.
Adelstitel? Bei einer Onlinebewerbung beim Arbeitsamt? Jup. Ganz genau. Ich stelle mir vor, wie sich Großherzog Benjamin Meier durch die Menüs klickt, um sich auf die Stelle in der Kantine des Dresdner Landtags zu bewerben. Die trudelt dann bei der Bearbeiterin ein, die sich soeben von der Erbgräfin Lisa Schröder verabschiedet: „Vielen Dank, schicken Sie doch bitte gleich den Nächsten rein, Junker Erik Diederich. Falls der noch nicht da ist, bitte den Truchsess von Tolkewitz.
Also ehrlich Leute, wer programmiert denn sowas? Das müssen doch mehrere Leute gesehen haben, bevor es veröffentlicht wurde. Programmierer, Projektleiter, Auftraggeber? Und alle fanden es sinnvoll und angemessen, dass man sich hier als Marschall oder Ritter bewerben kann?
Adel abschaffen
Dass es sowas wie Adel gibt, habe ich schon immer gehasst. Laut Wikipedia gründet sich der Herrschaftsanspruch des Adels unter anderem auf Leistung, Erziehung und Abstammung sowie unterstellte göttliche Absicht. Schon die Vorstellung, dass Menschen per Geburt besser sind als andere ist völlig absurd. Aber dass es ernsthaft heute noch Menschen gibt, die Adelstitel führen, weil sie sich durch göttliche Bestimmung als über mir stehend empfinden… Da fehlen mir die Worte. Ich glaub es hackt! 2019! Aber das Ganze noch Menschen um die Ohren zu hauen, die sich online über das Arbeitsamt um eine neue Anstellung kümmern müssen, ist schäbig. Und das alles vor dem Hintergrund, dass die Arm-Reich-Schere Jahr für Jahr weiter aufklafft. Ich finde, jegliche Titel, die nicht verdient wurden, sollten abgeschafft werden.
Der Vollständigkeit halber hier noch mal die um Abkürzungen und m/w-Dopplungen bereinigte Liste: Baronesse, Brand, Burggraf, Condesa, Earl, Edle, Erbgraf, Erbprinz, Freifrau, Freiin, Fürst, Graf, Großherzogin, Herzog, Jonkheer, Landgräfin, Markgraf, Marquis, Marschall, Ostoja, Prinzessin, Rabe, Reichsgräfin, Ritter, Sr, Truchsess.
Mann mann mann. Ich glaub, es hackt.
