Der Erde ist es egal, ob wir sie retten

Vor kurzem gab es auf dem Nachhaltig-sein-Blog einen wunderbaren Artikel: Warum es der Erde egal ist, ob wir sie retten.

Die Autorin Leena macht da einen schonungslosen, aber deswegen nicht weniger stimmigen Punkt: Die Erde wird es auch nach uns noch geben. Nicht der Planet stirbt – wir sterben.

Wenn wir also sagen „Wir müssen die Erde retten“ meinen wir eigentlich: „Wir müssen uns retten.“

Aus dem ideellen Ansatz ist ein pragmatischer geworden. Früher war es zwar sehr mitfühlend und nett, Umwelt- und Tierschützer zu sein – heute ist es schlicht notwendig.

Ein gewisser Pragmatismus und Handlungszwang sollte doch spätestens einsetzen, wenn man die Zeichen des Wandels nicht mehr leugnen kann. Die Zeiträume zwischen Ursache und Wirkung werden immer kürzer. Früher war es leichter, Umweltzerstörung oder Artensterben zu ignorieren. Die Ausrottung der Wandertaube in Amerika zum Beispiel. Die war irgendwann weg. Natürlich ist das den Menschen aufgefallen, aber ok, dann haben die Leute halt was andres gegessen. Heute allerdings hat die Zerstörung der Umwelt und der Ressourcenverbrauch ein Ausmaß angenommen, das die Natur nicht mal mehr ansatzweise kompensieren kann. Der Klimawandel ist längst bei uns angekommen. Und selbst das Land der unbegrenzten Klimaleugner merkt so langsam, dass es an der Zeit ist, zu handeln.

Zum Thema Artensterben habe ich auch mal eine schöne Metapher gehört. Und zwar kann man sich die Gesamtheit der Arten als einen Jenga-Turm vorstellen. Das Verschwinden einzelner Arten verkraftet der Turm, aber je mehr Teile fehlen, umso wackeliger wird das gesamte System. Und irgendwann bringt des Entfernen eines einzigen Hölzchens alles zum Kippen. Das wissenschaftliche Konzept dazu nennt sich Tipping Point, und passt auch gut auf Klimaprobleme wie das Abschmelzen der Gletscher oder El Niño.

Außerdem möchte ich Leenas Gedanken noch etwas erweitern. Der Ansatz „Wenn ich versuche, die Erde zu retten, versuche ich die gesamte Menschheit zu retten“ hat nämlich auch einen Umkehrschluss: Wenn ich mich ökologisch schlecht verhalte, schade ich nicht nur mir, sondern auch anderen. Religion, Hautfarbe und Modegeschmack kann und sollte ich tolerieren, da sie mich nicht betreffen. Aber wer 2014 immer noch Atomstrom bezieht, Billigfleisch ausm Aldi und Klamotten von H&M holt – der macht auch meine Welt kaputt.

Oder anders: Wer meint, täglich bei McDonalds essen zu müssen, lebt ungesund. Das ist in soweit ok, wie es um seine Venen und sein Herz geht. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber die Tiere aus Massentierhaltung, die Umweltzerstörung, und die Belastung des Gesundheitssystems betrifft letztendlich auch mich und andere, die sich nicht wehren können. Vielleicht ist das mit ein Grund, warum Veganern und Ökos oft das „Missionieren“ und Aggressivität vorgeworfen wird.

Das riesige Gefüge Umwelt, Klima, Artenvielfalt führt uns zu zwei eigentlich ganz simplen Fragen: Wann ist der Punkt erreicht, an dem auch der letzte Leugner bereit ist, sein eigenes Ego und Luxusbedürfnis zurückzustellen, und stattdessen ökologisch möglichst nachhaltig zu leben? Und wie lebenswert wird eine menschliche Existenz auf unserem Planeten zu diesem Zeitpunkt noch sein?

Ich schwanke da regelmäßig zwischen Zweckoptimismus und ohnmächtiger Wut auf die Menschheit. Wir werden sehen, wohin der Weg uns führen wird. Und ich bin sicher, dass ich selbst noch DIE Umwälzung schlechthin miterleben werde – ob nun zum Guten oder zum Schlechten. Es bleibt spannend.

Eine Antwort zu “Der Erde ist es egal, ob wir sie retten”

  1. marlene

    Ich kann dich absolut verstehen, ich schwanke auch immer zwischen Zweckoptimismus und Wut. Es gibt schon eine Menge positive Veränderung, aber angesichts der aussichtslosen Lage geht es da viel zu langsam! Wir werden die Veränderung mit Sicherheit noch erleben!
    Viele Grüße, Marlene

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