In gut einer Woche findet in Dresden die Wahl des Oberbürgermeisters statt. Und was soll ich sagen… – zum ersten Mal bin ich arg in Versuchung geraten, einfach ein dickes, irre lachendes Smiley auf den Wahlzettel zu krakeln. Oder ein Feld unten anzufügen: „Bitte keinen der angeführten Kandidaten. Echt nicht.”
Seit Jahren wettere ich gegen Nichtwähler, und versuche, die Leute vom Sinn des Wählens zu überzeugen. Wer nicht wählt, trägt dazu bei, dass alles so bleibt wie es ist. Und jetzt sowas!
Immer langsam. Wer steht denn eigentlich alles zur Wahl?
Tja, da hätten wir erstmal etwas rechts von der Mitte Marcus Ulbig, den Kandidaten der CDU. Rechts von Ulbig folgt in strammem Stechschritt die AfD mit Stefan Vogel. Und selbst da ist rechts noch eine „Repräsentationslücke”, die Tatjana Festerling von PEGIDA ausfüllen möchte. Wobei: dreimal rechts abbiegen ist schon wieder links…
Für wen leicht rechts, ordentlich rechts und stramm rechts (obwohl alle drei Gruppen überzeugt sind, genau das nicht zu sein) keine Option ist, für den sind ja noch andere Kandidaten da. Eva-Maria Stange, gemeinsame Kandidatin von SPD, Linken, Grünen und Piraten. Links / Grün / Piraten waren früher eigentlich immer passable Not-Optionen, wenn gar nichts andres ging, aber jemanden von der SPD zur Oberbürgermeisterin machen? Ich weiß ja nicht…
Tja, und wer in Zeiten von Finanz-, Kapitalismus- und Weltwirtschaftskrise sein Kreuz bei einem FDPler macht, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.
Zu guter Letzt gibt es dann noch Lara Liqueur. Flaggschiff der Spaßpartei. Fabelhaft. „Party hard” im Landtag, genau das, was wir in Krisenzeiten brauchen.
Und Inhalte? Ach was – die überfordern die Wähler nur.
Besonders bemerkenswert ist auch die Inhaltsleere der Wahlplakate. Den Knaller schlechthin liefert hier vor allem das Wahlkampfteam von Dirk Hilbert mit dem Spruch: „Probleme lösen”. Leider steht da nicht, welche Probleme der Herr Hilbert lösen will. Das Problem mit dem linken Blockiererpack jeden Februar? Oder die bösen Einschränkungen des freien Marktes, der sich gar nicht richtig entfalten kann? Man weiß es nicht.
Die AfD dagegen setzt auf Zynismus. „Dresden versöhnen”. Whoa, dann dürfen die Flüchtlinge jetzt doch bleiben? Die Einpeitscher schlechthin reden von Versöhnung. Na dann.
Aber mein Lieblingsplakat ist eindeutig von Herrn Hilbert. Wenn das mal nicht total George Orwells 1984 ist. Big Brother is watching you.
Nicht wählen ist auch keine Option.
Ich denke, solange man eine Wahl hat, sollte man auch wählen. Und wenn es nur das kleinere Übel ist. Und als geringstes Übel in diesem Pool bleibt natürlich Eva-Maria Stange. Immerhin hat sie bei der letzten Erhöhung der Abgeordnetenbezüge als eine von drei Abweichlerinnen gegen ihre Fraktion gestimmt. Bei letzten Mahngang Täterspuren war sie auch dabei. Trotzdem ist sie einfach nur SPD-Mitglied, und das ist für mich die gleiche Brühe wie die CDU, nur in einer anderen Farbe.
Was ist das für eine Wahl, wenn als kleinstes Übel nur eine SPD-Kandidatin zur Verfügung steht, weil der Rest eine Parodie, menschenverachtend, oder Kamikaze in den Weltuntergang ist?
Naja, damit ich nicht doch noch der Versuchung erliege, meinen Wahlzettel voller Krickelkrackel und mit Kaugummi beklebt in die Urne zu werfen, hab ich ganz ordentlich per Briefwahl gewählt. Sicher ist sicher.